In diesem Modul lernen Sie, was man unter Akzenten und Tonhöhenbewegungen versteht, und wie man sie erkennt und transkribiert.

Lernziele

  • Erwerb von grundlegenden Kenntnissen zu Akzenten und Tonhöhenbewegungen
  • Schulung des Gehörs für Akzente und Tonhöhenbewegungen

Zielgruppe

  • Anfänger:innen, die grundlegende theoretische Kenntnisse zu Akzenten und Tonhöhenbewegungen erhalten wollen
  • Anfänger:innen und Fortgeschrittene, die praktische Fähigkeiten zum Erkennen von Akzenten und finalen Tonhöhenverläufen erwerben oder vertiefen wollen

Voraussetzungen

Wir empfehlen die Lektüre des GAT2-Aufsatzes.

Akzenterkennung

Akzente - Einführung

Wenn wir uns mit Akzenten beschäftigen, ist es hilfreich, zunächst zwischen Wortakzent und Satzakzent zu unterscheiden.

Der Wortakzent ist für jedes Wort festgelegt und kann nicht verschoben werden. Beim Wort Blumen trägt beispielsweise die erste Silbe Blu den Wortakzent. Dies ist ein festes Merkmal des Wortes, das sich auch dann nicht ändert, wenn wir in manchen Situationen - vielleicht um ein Missverständnis zu klären - sagen: Nein, ich habe BluMEN gesagt, und nicht BluME!. Der Wortakzent ist also unabhängig von der konkreten Realisierung einer Äußerung vorhanden.

Beim Transkribieren interessiert uns in der Regel der Satzakzent. Dieser zeigt an, welche Silbe in einer konkreten Äußerung gegenüber anderen Silben hervorgehoben ist. Wichtige Mittel, um Silben hervorzuheben, sind im Deutschen die Tonhöhe, die Dauer und die Lautstärke.

Betonte Silben sind etwas länger und möglicherweise etwas lauter als unbetonte Silben, und sie können durch Tonhöhensprünge oder Tonhöhenbewegungen gekennzeichnet sein. Die zuletzt Genannten bezeichnet man auch als Tonhöhenakzente.

Obwohl Wortakzent und Satzakzent unterschiedliche Dinge sind, kann es hilfreich sein, sich beim Transkribieren einer Äußerung zuerst zu überlegen, wo Wortakzente sind. Dies liegt daran, dass im Normalfall nur Wortakzentsilben zu "Trägern" von Satzakzenten werden.

Ein weiterer wichtiger Hinweis darauf, ob bei einer bestimmten Silbe ein Satzakzent vorliegen kann oder nicht, ist dadurch gegeben, ob die Silbe zu einem Inhaltswort oder zu einem Funktionswort gehört: Funktionswörter (z.B. Artikel, Präpositionen, Konjunktionen, Hilfsverben, Pronomen) tragen im Normalfall keinen Satzakzent.

Beispiel und Definition

In der Äußerung An der schönen blauen Donau kommen am ehesten die Silben schön, blau und Do als Satzakzente in Frage. Bei an und der handelt es sich um Funktionswörter; die übrigen drei Wörter sind lnhaltswörter, aber es tragen nur schön, blau und Do den Wortakzent.

Welches Wort tatsächlich den stärksten Akzent trägt, richtet sich danach, welches Wort semantisch-pragmatisch am stärksten hervorgehoben wird, welches also inhaltlich am wichtigsten ist. Diesen Akzent, der das inhaltich relevanteste Element in der Äußerung hervorhebt, bezeichnen wir als Fokusakzent.

Definition Fokusakzent

"Der Fokusakzent ist der semantisch-pragmatisch relevanteste tatsächlich phonetisch hervorgehobene Akzent der Intonationsphrase, der den semantisch-pragmatischen Fokus der Äußerung anzeigt und vom Hintergrund abhebt." (Selting et al. 2009: 371)

Neben dem Fokusakzent kann es noch weitere Akzente in einer Äußerung geben. Sie bezeichnen wir als Nebenakzente.

Übungen

Trägersilben - Übung

Welches sind potenzielle Trägersilben für einen Fokusakzent?

Durch diese Übung sollen Sie Routine darin gewinnen, potenzielle Fokusakzentpositionen zu erkennen.

Die Übung bezieht noch keine Hörbeispiele ein. Es geht also noch nicht darum, aufgrund von auditiven Merkmalen die tatsächlichen Fokusakzente zu erkennen. Dies ist Gegenstand der Übungen Fokusakzent 1 + 2.

Markieren Sie die potentiellen Trägersilben für einen Fokusakzent.

Übung beginnen

Fokusakzent - Übungen

In den Übungen lernen Sie, den tatsächlichen Fokusakzent in Äußerungen zu erkennen.

Tipp: Um den Fokusakzent herauszufinden, kann man sich einen kleinen Dialog vorstellen und sich überlegen, welche Frage zu der gegebenen Äußerung passen würde.

Beispiel

su.san.ne fliegt mor.gen nach bu.da.pest

Zu dieser Äußerung passt am besten die Frage Wer fliegt morgen nach Budapest?. Das erfragte Element ("Susanne") trägt den Fokusakzent.

Fokusakzent - Übung 1

Markieren Sie die Silbe, die den Fokusakzent trägt.

Übung beginnen

Fokusakzent - Übung 2

Markieren Sie auch hier die Silbe, die den Fokusakzent trägt. Die Beispiele haben einen etwas höheren Schwierigkeitsgrad als in Übung 1.

Übung beginnen

Akzentverschriftlichung

Nach GAT 2 werden Satzakzente im Transkript durch Großbuchstaben markiert.

Der Fokusakzent wird durch Großschreibung der ganzen Silbe gekennzeichnet. Seine Markierung ist bereits auf der Ebene des Basistranskripts notwendig.

Nebenakzente werden durch Großschreibung des Vokals in der betonten Silbe gekennzeichnet. Sie müssen erst auf der Ebene des Feintranskripts transkribiert werden.

Tonhöhenbewegung

Tonhöhenbewegung - Einführung

Hier können Sie sich einfache Grundlagen zum Thema Tonhöhenbewegung anlesen.

Unter Tonhöhenbewegung kann man sich das vorstellen, was wir umgangssprachlich auch als Sprechmelodie bezeichnen. Ein häufig verwendeter Fachbegriff für Tonhöhe ist Intonation.

Wie zum Beispiel der Ausspruch "Der Ton macht die Musik" verrät, kann die Sprechmelodie in Gesprächen ein sehr wichtiger Faktor sein, der Hinweise darauf gibt, wie wir bestimmte Äußerungen zu interpretieren haben. Eine besonders wichtige Rolle spielt dabei die Tonhöhenbewegung ab der letzten Fokusakzentsilbe bis zum Ende der Intonationsphrase. Diese ist es auch, die wir nach GAT 2 transkribieren müssen.

In GAT 2 sind fünf verschiedene Möglichkeiten für diese letzte (oder finale) Tonhöhenbewegung in der Intonationsphrase vorgesehen:

Die finale Tonhöhenbewegung kann

  • hoch steigend,
  • steigend,
  • gleichbleibend,
  • fallend,
  • tief fallend

sein.

Es erfordert viel Übung, die finale Tonhöhenbewegung von Äußerungen richtig zu hören.

Als Hilfsmittel können wir uns die akustische Phonetik zu Nutze machen.

Die akustische Phonetik beschäftigt sich mit den physikalischen Grundlagen des Sprachschalls. Durch sie wurden Möglichkeiten entwickelt, Sprache nicht nur hörbar, sondern auch sichtbar zu machen. Auch die Tonhöhe kann sichtbar gemacht werden.

Die von uns wahrgenommene Tonhöhe entspricht im akustischen Sprachschall der sogenannten Grundfrequenz oder f0 (sprich: "eff null"). Grundfrequenzverläufe können abgebildet werden und uns deshalb zur Absicherung des Höreindrucks dienen.

Die Grundfrequenz wird in Hertz (Hz) wiedergegeben. Dieses Maß gibt an, wie oft die Stimmlippen in der Sekunde vibrieren.

Je höher der Wert in Hertz ist, d.h. also je schneller die Stimmlippen vibrieren, desto höher ist die wahrgenommene Tonhöhe.

Dieses Verhältnis ist allerdings nicht linear. Das bedeutet, dass ein Unterschied von 50 Hz nicht automatisch mit einem bestimmten Unterschied in der wahrgenommenen Tonhöhe gleichzusetzen ist. Der Unterschied zwischen 100 Hz und 150 Hz wird als ein größerer Abstand zwischen den Tönen wahrgenommen als der Unterschied zwischen 300 und 350 Hz.

Beispiel

Hier können Sie sich die Äußerung "Martina raucht" anhören und den Grundfrequenzverlauf dazu ansehen.

Sie können auch den umgekehrten Weg gehen und sich zuerst die Abbildung ansehen und versuchen, die Äußerung entsprechend der Abbildung nachzusprechen.

Grundfrequenzverlauf Grundfrequenzverlauf
Auf der y-Achse ist die Grundfrequenz in Hz abgetragen, auf der x-Achse die Zeit in Sekunden (s). Über dem Grundfrequenzverlauf ist das Oszillogramm abgebildet. Die Zeile unter dem f0-Verlauf gibt den Äußerungstext wieder. Die einzelnen Silben sind durch vertikale Striche abgeteilt.

Übungen

Tonhöhenbewegung - Übung 1

In dieser Übung überprüfen Sie Ihre Kenntnisse in den vermittelten theoretischen Grundlagen.

Übung beginnen

Tonhöhenbewegung - Übung 2

In dieser Übung trainieren Sie, den finalen Tonhöhenverlauf (steigend oder fallend) zu erkennen. Die Akzentsilbe liegt bei allen Beispielen auf der letzten Silbe der Äußerung.

Übung beginnen

Tonhöhenbewegung - Übung 3

In dieser Übung trainieren Sie, den finalen Tonhöhenverlauf (steigend oder fallend) zu erkennen. Die Akzentsilbe liegt bei allen Beispielen auf der ersten Silbe der Äußerung.

Übung beginnen

Transkriptübung

Machen Sie aus dem folgenden Minimaltranskript ein Basistranskript. Nehmen Sie dafür im Text die notwendigen Änderungen vor. Wenn Sie nicht sicher sind, welche Änderungen für ein Basistranskript erforderlich sind, gehen Sie zu Modul 2. Nachdem Sie das Transkript bearbeitet haben, haben Sie mehrere Optionen, Ihre Lösung auszuwerten.

Hinweise

  1. Per Klick auf eine Zeile im Transkript wird der entsprechende Abschnitt im Audio abgespielt.
  2. Per Klick ins Oszillogramm können Sie eine beliebige Startstelle für das Abspielen auswählen.
  3. Im Oszillogramm können Sie beliebig große Ausschnitte zum Abspielen markieren. Klicken Sie dazu ins Oszillogramm und ziehen Sie den Cursor etwas nach rechts bis ein dicker Balken erscheint. Diesen können Sie nun in eine beliebige Breite ziehen. Gehen Sie zum Anhören auf "Ausschnitt abspielen". Wenn Sie einen neuen Ausschnitt markieren wollen, gehen Sie zunächst auf "Ausschnitt löschen" und beginnen dann von neuem.

0617 AZ das is einfach unseriös
0618 wir würden gerne hier (.) sie ernst nehmen
0619 dass sie keine weiteren fakten schaffen
0620 °h während wir hier über die fakten reden
0621 °h (.) dann (.) geht des nicht dass wir ihnen des zukommen lassen
0622 sondern dann erwarten wir
0623 (.) und das ist ihre chance die haben sie
0624 (.) stellen sie einfach alle arbeiten an diesem projekt sofort ein

Quelle: FOLK_E_00068_SE_01_T_01 Zur DGD

Fehler in Ihrer Lösung

Unterschiede zwischen Ihrer Lösung und der richtigen Lösung

Richtige Lösung

0617 AZ das is einfach UNseriös-
0618 wir würden gerne hier (.) sie ERNST nehmen-=
0619 dass sie keine weiteren fakten SCHAFfen,
0620 °h während wir hier über die fakten REden?
0621 °h (.) dann (.) geht des nicht dass wir ihnen des ZUkommen lassen;=
0622 =sondern dann erWARten wir,
0623 (.) und das ist ihre chance die HAben sie,
0624 (.) stellen sie einfach alle arbeiten an diesem projekt sofort EIN;